Häusliche Gewalt gegen Männer ist ein ernstzunehmendes, aber oft unterschätztes Problem. Während das öffentliche Bewusstsein für Gewalt gegen Frauen größer ist, wird Gewalt gegen Männer häufig weniger beachtet, tabuisiert oder sogar belächelt. „Dabei belegen mittlerweile Hunderte Studien und Publikationen, dass Männer bei häuslicher Gewalt nicht nur Täter, sonder häufig auch Opfer sind“ sagt Psychoanalytiker Christian Roesler von der Hochschule Freiburg.

Formen häuslicher Gewalt gegen Männer
Männer können in einer Beziehung verschiedene Formen von Gewalt erleben, darunter: Physische Gewalt (wie z.B. Schläge, Tritte, Würgen oder der Einsatz von Waffen), psychische Gewalt (wie z.B. Demütigungen, Manipulation, Kontrolle, Drohungen oder emotionale Erpressung), sexuelle Gewalt (wie z.B. erzwungene sexuelle Handlungen), ökonomische Gewalt (wie z.B. Kontrolle über Geld, wirtschaftliche Abhängigkeit oder Sabotage der beruflichen Karriere oder soziale Gewalt (wie z.B. Isolation von Freunden und Familie oder öffentliche Bloßstellung).

Warum wird das Problem oft übersehen?
– Geschlechterstereotypen: Männer werden oft als stark und unabhängig angesehen, sodass sie sich schämen, Hilfe zu suchen.
– Fehlende Unterstützung: Es gibt deutlich weniger Schutzeinrichtungen für männliche Opfer als für weibliche.
– Unglaube in der Gesellschaft: Männer werden seltener ernst genommen, wenn sie häusliche Gewalt melden.
– Gerichtliche Nachteile: In Sorgerechts- oder Trennungsfällen wird Männern oft weniger Glauben geschenkt, wenn sie von Gewalt berichten.

Statistiken zur häuslichen Gewalt gegen Männer
In Deutschland zeigen Studien, dass etwa 20-30 % der Opfer häuslicher Gewalt Männer sind. Eine Dunkelziffer ist wahrscheinlich hoch, da viele Männer aus Scham oder Angst keine Anzeige erstatten. Laut dem Bundeskriminalamt (BKA) waren 2022 etwa 21 % der Opfer von Partnerschaftsgewalt Männer. Rösler, der primär über Paartherapie forscht, geht noch weiter. „Fifty-Fifty“ benennt er  in seinem aktuellen Buch „Partnerschaftsgewalt und Geschlecht“ die Verteilung zwischen Mann und Frau.

Hilfe und Unterstützung für betroffene Männer
Männer, die häusliche Gewalt erleben, können sich an verschiedene Stellen wenden:
– Hilfetelefon Gewalt gegen Männer (0800 123 9900 in Deutschland)
– Männerberatungsstellen (z. B. Man-O-Mann oder Männerberatungsnetz)
– Psychologische Beratung und Selbsthilfegruppen
– Polizei und Anwälte – wenn rechtliche Schritte notwendig sind

Häusliche Gewalt gegen Männer ist real und sollte genauso ernst genommen werden wie Gewalt gegen Frauen. Es ist wichtig, das Tabu zu brechen und betroffenen Männern zu helfen, Unterstützung zu finden.